KARLHEINZ STOCKHAUSEN

Instrumentation Orchesterwerke

Instrumentation Orchesterwerke

Stockhausen Gesamtausgabe auf CD

Die unter Mitwirkung von Karlheinz Stockhausen entstandenen Aufnahmen seiner Werke werden seit 1991 in einer Gesamtausgabe auf Compact Discs veröffentlicht. Kenntlich gemacht ist jede CD-Ausgabe durch Stockhausens Signatur mit einer laufenden Nummer im Kreis. Die Nummern folgen weitgehend der historischen Reihenfolge der Werke. Stockhausen hat bei diesen Aufnahmen als Realisator der Elektronischen Musik, als Dirigent, Spieler, Klangregisseur, musikalischer Leiter mitgewirkt, die Aufnahmen abgemischt und CD-Mastering, Texte, Graphik gemacht.

  • Compact Discs können beim Stockhausen-Verlag bestellt werden: Kettenberg 15, 51515 Kürten, Deutschland (www.stockhausenCDs.com).

Karlheinz Stockhausen
Instrumentation Orchesterwerke
ORCHESTER-FINALISTEN

Einführung

ORCHESTER-FINALISTEN
für Orchester und Elektronische Musik, Klangregisseur

ist die zweite Szene vom MITTWOCH aus LICHT.

Sie kann szenisch oder quasi konzertant aufgeführt werden.

Ihre Dauer beträgt szenisch 46 Minuten, konzertant 2 x 46 Minuten.

Die Komposition ORCHESTER-FINALISTEN stellt Orchestermusiker als Finalisten vor, wie sie bei Musik-Wettbewerben vor Publikum spielen. Während in den üblichen Orchesterwerken die Musiker gemeinsam spielen und nur selten kurze Soli vorkommen, besteht die vorliegende Partitur für ORCHESTER-FINALISTEN aus Soli mit einigen Tutti-Akkorden und einem Tutti-Finale. Bei einer quasi konzertanten Aufführung sollen in zwei Runden mit 13 plus 12 (oder 11) Musikern die Soli von verschiedenen Instrumentalisten auswendig gespielt werden. Damit ist den Zuhörern der Vergleich und ein genaueres Kennenlernen der Soli ermöglicht. Der Schlagzeuger (und eventuell auch der Hornist) ist in beiden Runden derselbe.
     Heutzutage streben viele Orchestermusiker nach solistischen Aufgaben, ohne eine Karriere als Solisten zu riskieren. Deshalb hoffe ich auf die Sympathie der Orchestermusiker für die Rolle als ORCHESTER-FINALISTEN, in der sie ihre Musikalität und ihr Können unter Beweis stellen mit neuen Interpretationsweisen des Auswendigspielens, persönlicher Bewegungsstile und eigener Aura.
     Die Partitur ist allen Orchester-Finalisten gewidmet.

Bei einer szenischen Aufführung vom MITTWOCH aus LICHT spielen 13 ORCHESTER-FINALISTEN in der zweiten Szene nur eine Runde unmittelbar nach WELT-PARLAMENT für Chor a cappella.

Zwei zu sychronisierende 8-Spur-Tonbänder – und 2-Spur-Tonbänder nur für Proben – der Elektronischen Musik sowie verschiedene Stereo-Mischungen für Proben (nur Instrumente, nur Elektronische Musik, Instrumente plus Elektronische Musik) sind beim Stockhausen-Verlag bestellbar (siehe Tontechnik).

Die 11 Soli für Oboe, Violoncello, Klarinette, Fagott, Violine, Tuba, Flöte, Posaune, Viola, Trompete, Kontrabaß können konzertant auch einzeln oder in einer Gruppe von mehreren mit Tonband aufgeführt werden. Dazu sind 11 Einzelpartituren mit eigenen Titeln veröffentlicht (siehe Seite IV).

Uraufführung

Den Kompositionsauftrag für ORCHESTER-FINALISTEN erteilte 1993 Jan van Vlijmen, Direktor des Holland Festivals. Die Uraufführung fand am 14. Juni 1996 beim Holland Festival im Theater CARRÉ in Amsterdam statt.
     Es spielten folgende Musiker des Asko Ensembles:

  1. Runde 2. Runde
Oboe Marieke Schut Bram Kreeftmeijer
Cello Taco Kooistra Doris Hochscheid
Klarinette Barbara Bouman Hans Colbers
Fagott Jos Lammerse Margreet Bongers
Violine Jan Erik van Regteren Altena Erik Kromhout
Tuba Hans Nickel Hans Nickel*
Flöte Eline van Esch Kathinka Pasveer
Posaune Toon van Ulsen Harrie de Lange
Viola Bemadette Verhagen Liesbeth Steffens
Trompete Hendrik-Jan Lindhout Cyrille van Poucke
Kontrabaß Roos Heggen Piet Smithuysen
Horn Wim Timmermans Wim Timmermans
Schlagzeug Peppie Wiersma Peppie Wiersma

* Ein zweiter Tubaspieler, Anne Jelle Visser, hatte mit Stockhausen geprobt und
   auch eine Tonband-Aufnahme gespielt; er erkrankte jedoch unmittelbar vor der
   Generalprobe.

Einstudierung und Klangregie: K. Stockhausen.

Aufführungspraxis

Auf der hinteren Bühne stehen 11 Stühle mit Notenpulten und vorne 1 Stuhl für Cello.
     Für die Verstärkung kann man Technik A oder Technik B verwenden.
     Zur Bühnenrückwand muß eine Passage von ca. 2 m bleiben. Bei Technik A stehen vorne auf der Bühne 5 Mikrophone für die Soli, hinten links 3 und rechts 3 zusätzlich für das Schluß-Tutti. Tuba, Posaune, Bratsche und Trompete haben Sender.
     Von der Bühnenmitte führt eine Treppe mit 6 Stufen zum Saal.
In der Mitte des Saales befindet sich ein Mischpult mit Klangregisseur.

Technik A

= Kabelmikrophon

= Sender

Alternativ können bei Technik B anstelle von 11 Mikrophonen 10 Sender
plus 6 Kabelmikrophone verwendet werden:

Option A
Technik A
Option B
Technik B

Zu Beginn kommen – in der Reihenfolge der Instrumenten-Signale des Tonbandes – von links 11 Musiker (oder 6 von links, 5 von rechts) mit ihren Instrumenten in konzentrierter, aufmerksam zuhörender Körperhaltung und setzen sich auf die Stühle, behalten während der ganzen Aufführung diese formelle Haltung bei.
     Bei ca. 1' 26" geht der Oboist nach vorne zu den beiden Mikrophonen
(Technik A) und beginnt bei 1'44" das Solo, das ca. 3' 05" dauert. An den bezeichneten Stellen gibt er Einsätze für 5 Akkorde, die alle Musiker mitspielen. In den folgenden 10 Sek. geht er zum Sitz zurück, und anschließend kommt der Cellist bis 5'16" zu dem Mikrophon, das speziell fürs Cello vorbereitet ist. Bei 5'16" setzt er sich und beginnt bei 5'26".
     Ähnlich spielen nacheinander die anderen Musiker ihre Soli. Die Zeiten ihrer Einsätze sind zu Beginn der Solostimmen angegeben. Die Musiker dirigieren mit auftaktigen Spielgesten jeweils 5 Akkorde an gegebener Stelle.

Dieses ist die Reihenfolge der Soli:

Oboe - Violoncello - Klarinette - Fagott - Violine - Tuba - Flöte - Posaune - Viola - Trompete - Kontrabaß.

Im Solo des Kontrabasses schlägt ein Schlagzeuger einmal einen Chinesischen Operngong.
     Beim Wechsel von einem Solo zum nächsten ändert sich der Klang-Raum der oktophonen Elektronischen Musik, vom Klangregisseur zum Spiel der Instrumentalisten dynamisch angepaßt.
     Die Vortragsart mit Gesten und Bewegungen ist für jedes Instrument vorgeschrieben.

Während der Aufführung spielt draußen in den Gängen ein Hornist. Man hört ihn nur manchmal von fern. Er kommt erst vor dem Schluß-Tutti durch den Saal zur Bühne (vergleiche CD 52).
     10 Sek. nach dem Schluß des Kontrabaß-Solos (bei ca. 41' 24") beginnt der Hornist seine Partie von Anfang (gleichgültig, wo er bis dahin in seiner Partie angekommen ist), kommt dabei hinten in den Saal (oder durch einen Seiteneingang vor der Bühne) und geht spielend in 26 Sek. auf die Bühne, wo er sich vorne in die Mitte stellt und zum Saal hin spielt, manchmal nach links und rechts zu den anderen Musikern hin, dreimal mit dem Rücken zum Publikum. Er läßt von nun an in seiner Partie die Stille von 1 Minute weg, spielt jedoch an ihrer Stelle eine Pause
von= 9 Sek.
Er wiederholt dasselbe ein zweites und drittes Mal, hört also etwa bei 45'14" gemeinsam mit dem Kontrabaß auf und geht dann nach rechts hinaus.

Circa 26 Sek. nach dem Schluß des Kontrabaß-Solos stehen alle auf, stellen sich – falls die hinteren Mikrophone verwendet werden (Technik A) – an die Mikrophone. Alle konzentrieren sich auf die Lautsprecher. Circa 36 Sekunden nach dem Schluß des Kontrabasses beginnt die Oboe ihr Solo noch einmal. Alle setzen mit Einsatzabständen von 4 Sekunden in der Reihenfolge ihrer vorher gespielten Soli ein und spielen in polyphoner Überlagerung jeder sein Solo noch einmal.

Cello, Fagott und Kontrabaß spielen an ihren Mikrophonen. Die Musiker ohne Sender spielen hinten links und rechts vor Mikrophonen (siehe Zeichnung
Technik A), die vier mit Sender (oder – bei Verwendung von 10 Sendern
[Technik B] – alle anderen mit Sender) können frei agieren. Der Trompeter geht nicht mehr in den Saal, sondern bewegt sich auf dem Podium von der Mitte bis rechts hin und her.
     Im Tutti werden die Orchester-Akkorde nicht gespielt.

Jeder Musiker geht am Ende seiner Partie nach links oder rechts hinaus (siehe Formschema des Tutti). Das Tutti endet bei ca. 45'53".

In einer quasi konzertanten Aufführung beginnt im Anschluß an eine Konzertpause die zweite Runde mit 11 anderen Musikern auf der Bühne und einem Hornisten draußen in den Gängen. Der Schlagzeuger für den Gong - schlag kann wegen der Vermummung derselbe sein.

Bei einer szenischen Aufführung können die Instrumentalisten – außer dem Schlagzeuger, der eine Sonderrolle hat – wie Musiker aus 12 verschiedenen fremden Kulturen gekleidet sein. In einer quasi konzertanten Aufführung tragen sie zum Beispiel pastellfarbene Hemden und Hosen bzw. Blusen und lange Röcke in verschiedenen Frühlingsfarben.

Für das Schluß-Tutti ersieht man die Einsätze und Dauern aus folgendem Formschema:

Schluß-Tutti

Am Ende der Soli Sender schließen.

Szenisches zu ORCHESTER-FINALISTEN

Für MITTWOCH aus LICHT und also auch die 2. Szene ORCHESTERFINALISTEN ist das Element die Luft.

In der 1. Szene tagt das WELT-PARLAMENT über den Wolken im höchsten Stock eines Wolkenkratzers oder in einer schwebenden Glaskuppel mit Eingängen von gläsernen Aufzügen, in denen die Parlamentarier von unten kommen. Man sieht blauen Himmel ringsum, manchmal vorbeifliegende Helikopter und Tauben.

In ORCHESTER-FINALISTEN schwebt das Orchester von fern hoch in der Luft: Die einzelnen Solisten fliegen näher, jeder in und über einem eigenen Raum.

Teleskop-Beobachtung der Bühne     läßt im Teleskop, der Musik entsprechend, herausragendes Kathedralendach, Flugzeuge überm Meer, Hafen usw. erblicken. Die Elektronische Musik macht 11 Räume deutlich. Sie schließen aneinander an und überlagern sich mehr oder weniger lang in drei Schichten, deutlich durch oktophone Raumprojektion unterschieden:

1 Oboe über einer Kathedrale;

2 Cello über Flugplatz am Meer;

3 Klarinette über Hafen (auch mit Flugzeugen);

4 Fagott über Dampfeisenbahn;

5 Violine über Vogelpark (auch einzelnen Vögeln);

6 Tuba in Vogelscharen und Bienenschwärmen;

7 Flöte über Kindergarten mit kleinen Ziegen;

8 Posaune über Schwimmbad mit Elefanten;

9 Viola mit Wildgänsen über Eisenbahn;

10 Trompete über Marrakesch-Markt, Zebras, Löwen, Wildgänsen, Pferden;

11 Kontrabaß über Segelschiff mit Baumfröschen, Klapperkasten.

Objekte dieser Räume sieht man unten am Boden herausragen. Darüber schwebt jeder Solist in eigener Weise vor und wieder zurück (auch fliegt jeder verschieden hoch).
     Am Schluß fliegen alle (spielend) in verschiedene Richtungen nach oben.

Tontechnik

5 + 6 Kabelmikrophone auf der Bühne (Technik A).
4 Sender (Technik A), besser 10 Sender mit Spezialmikrophonen (Technik B).
1 Mischpult in der Saalmitte (32 8, 4 VCA-Regler).
1 16-Spur-Digitalmagnetophon (z. B. zwei Tascam 8-Spur-Magnetophone)
    mit Time-Code-Steuerung.
8 x 2 Lautsprecher im Kubus (I bis VIII).
Die Elektronische Musik wird oktophon projiziert.

8 x 2 Lautsprecher als Kubus:

8 x 2 Lautsprecher als Kubus

Die Mikrophone für die Sender müssen bei jedem Instrument auf besondere Weise angebracht werden: Bei Posaune, Tuba, Trompete neben der Öffnung des Schallbechers mit einem Spezialdraht, der nicht am Schallbecher, sondern am Stimmrohr befestigt ist; beim Kontrabassisten oben links hoch an der Schulter, um die Stimme und das Trommeln der linken Hand auf dem Körper des Instrumentes zu verstärken; bei Violine und Viola an der Brust des Spielers, oder als Kontaktmikrophon am Steg; bei Flöte, Oboe und Fagott oben links an der Brust, bei Klarinette über den Klappen an einem Spezialdraht am Instrument befestigt.
     Bei der Verwendung von 10 Mikroportsendern stellte es sich heraus, daß eine angemessene Verstärkung des Fagotts mit einem Sendermikrophon nicht genügt. Um ein zusätzliches Mikrophon auf Stativ vorne in der Mitte der Bühne zu vermeiden, stellte ich ganz rechts vorne ein hohes Ständermikrophon für das Fagott hin. Der Fagottist ging vor seinem Solo und auch für das Schluß-Tutti dorthin und spielte von da aus.
     Für den Kontrabaß vorne mußte zusätzlich zum Sender-Mikrophon ein Mikrophon auf niedrigem Stativ direkt unter der Stegkante (Mikro 5) und ein Mikrophon auf Stativ (Mikro 6) von der linken Seite des Spielers auf das Griffbrett gerichtet werden, um die Schabegeräusche seines Solos ab Takt 11zu Beginn jedes Taktes laut genug zu verstärken.

Da man zur Zeit bei allen Mischpulten Panorama-Einstellungen nur zwischen ungeradzahligen (links) und geradzahligen (rechts) Gruppen- Ausgängen regeln kann, sind hier die Lautsprecher-Gruppen entsprechend numeriert: I–II vorne unten, III–IV hinten unten, V–VI vorne oben, VII– VIII hinten oben.

Für Proben verwendet man ein 16-Spur-Tonband (bzw. zwei synchronisierte 8-Spur-Tonbänder). Auf den Spuren 1– 8 des ersten Bandes sind die 8 Spuren der Elektronischen Musik aufgenommen. Die Spuren 9–16 verwendet man nur bei der Einstudierung. Spuren 9 – 10: Stereo-Mischung Instrumental- Soli mit Akkorden und Schluß-Tutti; Spuren 11– 12: Stereo - Mischung der Elektronischen Musik; Spuren 13 – 14: dynamisch geregelte Stereo-Mischung der Elektronischen Musik und Instrumente einschließlich Horn; Spur 15: Horn allein (dynamisch geregelt wie auf den Spuren 13– 14); Spur 16: Time-Code (falls nötig).
     Die Stereo-Paare kann man während der Proben zur Orientierung der Solisten und zum Vergleich wiedergeben. Bei Aufführungen benötigt man nur ein 8-Spur-Magnetophon für die Wiedergabe der Elektronischen Musik Spuren 1–8.

Stereo-Bänder der Elektronischen Musik (ungeregelt), der Instrumental- Soli, der Elektronischen Musik gemischt mit Instrumenten zum Proben für die einzelnen Musiker kann man ebenfalls bestellen.

Mischpult für 16- (15-) Spur-Tonband, 11 Mikrophone, 4 Mikroport-Sender (Technik A)

Technik A

Alternative Mischpult-Verteilung für 16- (15-) Spur-Tonband, 6 Mikrophone, 10 Mikroport-Sender (Technik B)

Technik B

Aufführung einzelner Soli

Wie auf Seite I angezeigt, können die 11 Soli einzeln oder in Gruppen mit Tonband konzertant aufgeführt werden.

Vor einem Solo wird das Saal-Licht langsam ausgeblendet und eine besondere Beleuchtung für den Solisten langsam eingeblendet. Der Klangregisseur blendet parallel mit der Aufblende des Lichtes das Tonband ein gemäß folgender Auflistung, und der Solist kommt währenddessen langsam zu der Stelle, wo sein Solo beginnt.
     Nach dem Ende seines Solos geht der Solist langsam hinaus, und der Klangregisseur regelt die Ausblende, während auch das Licht langsam ausgeblendet wird.
     Zum Ein- und Ausblenden verwendet der Klangregisseur die Gesamtpartitur von ORCHESTER-FINALISTEN. In den Einzelausgaben für Solisten stehen die Zeiten der Gesamtpartitur, die mit dem Time-Code des 8-Spur-Tonbandes übereinstimmen.

Für Proben- und eventuelle Stereo-Aufführungen kann zusammen mit der Partitur eine Compact Disc der Elektronischen Musik beim Stockhausen- Verlag bestellt werden, auf der die Anfangspunkte für die Einblenden der Soli markiert sind.

Werden zwei oder drei Soli in einem Konzert aufgeführt und folgen diese Soli in der Gesamtpartitur direkt nacheinander, so entfallen die Ein- und Ausblenden zwischen den Soli. Es ist eine Frage der Konzertplanung, zu lange Zeiten nur mit der Elektronischen Musik zwischen Soli zu vermeiden. Man sollte nicht mehr als ein Solo ohne Instrumentalist nur als Tonband wiedergeben.
     Spielt man weiter auseinanderliegende Soli in einem Programm, so müssen die Blenden von Ton und Licht für jedes Solo ausgeführt werden.

CD-Punkte

Oboe vom Tonband-Anfang bis 5'16" (Dauer 5'16").
           Ein- und Ausblende sind auf dem Tonband.

Violoncello 5'16"–8'39" (Dauer 3'23").
           Ein- und Ausblende sind auf dem Tonband.

Klarinette 8'38"–11'37" (Dauer 2'59").
           In 2 Sek. einblenden, vor 11'37" (ca. ab 11'25") ausblenden.

Fagott 11'03"–14'53" (Dauer 3'50").
           Bei 11'03" mit Vollpegel beginnen, ab 14'36" langsam ausblenden.

Violine 14'27"–17'47" (Dauer 3'20").
           Von 14'27" bis 14'32" einblenden, von 17'32" bis 17'47" langsam
           ausblenden.

Tuba 17'09"–21'30" (Dauer 4'21").
           Bei 17'09" mit Vollpegel beginnen, 21'14" bis 21'30" ausblenden.

Flöte 20'47"–26'00" (Dauer 5'13").
           Von 20'47" bis 20'52" einblenden, von 25'43" bis ca. 26'00" ausblenden.

Posaune 25'31"–29'43" (Dauer 4'12").
           Von 25'31" bis 25'37" einblenden, kurz vor 29'43" ausblenden.

Viola 29'00"–33'33" (Dauer 4'33").
           Von 29'00" bis 29'10" einblenden, von 33'20" bis 33'33" ausblenden.

Trompete 32'30,5"–36'55" (Dauer 4'24,5").
           Bei 32'30,5" mit Vollpegel beginnen, bei 36'55" sanft ausblenden.

Kontrabaß 35'57"–ca. 44'18" (Dauer 8'21").
           Bei 35'57" mit Vollpegel beginnen, ab 43'00" langsam ausblenden.

In den Einzelpartituren sind die Akkorde weggelassen.
     Wie bei einer Gesamtaufführung müssen alle Soli auswendig mit den vorgeschriebenen Bewegungen gespielt werden.

Zum Studium dient die Compact Disc 52 der Stockhausen-Gesamtausgabe.

Notation

Die Partitur enthält keine detaillierte Übertragung des Tonbandes.

Ein Formschema mit Aufzeichnungen zu den drei Schichten E(VA), M(ICHAEL), L(UZIFER) ist nach der Partitur abgebildet.

Zeiten

Über jedem Solo steht die Tonbandzeit des charakteristischen Ereignisses, wonach der Solist seinen Einsatz richten kann (z. B. über dem ersten Solo Oboe: Ventilator Einschalt-Knack 1'31", Einsatz 1'44").
     Die Angabe über dem Fagott-Solo elektr. Fagott meint einen gesampelten Fagott-Ton mit dieser Tonhöhe.
     Jeder Solist probiert aus, wann er aufstehen und nach vorne zur Mitte des Podiums gehen soll, oder nach halblinks (Cello), rechts (Fagott), halbrechts (Kontrabaß).

Tonband-Zeiten von markanten Ereignissen sind fett gedruckt. Dazu gehören auch gesungene oder gerufene Silben und Wörter, wie zum Beispiel die Sopranstimme im Solo der Flöte: usw.

Zeitangaben in Klammern sind Solo-Zeiten der ersten Aufnahme für eine Compact Disc (Stockhausen-Verlag CD 52). Diese Aufnahme kann auch mit dem 16-Spur-Tonband (2 x 8 Spuren der Tascam DA-88 Bänder) bei Proben wiedergegeben werden. Die Spur-Einteilung dieses Tonbandes ist: Spuren 1–8 Elektronische Musik, Spuren 9–10 nur Instrumente, Spuren 11–12 nur Elektronische Musik, Spuren 13–14 Instrumente plus Elektronische Musik (mit Time-Code).
     Am Schluß jedes Solos stehen die ungefähre Dauer des Solos und eine Zeitangabe für ein markantes Tonbandereignis, wonach der Solist sich orientieren kann (z. B. nach dem Oboen-Solo: "Pater Noster" – Ausschalt- Knack bei 4'47,5", was bedeutet, daß ein Priester "Pater Noster" singt und unmittelbar danach ein Ausschalt-Knack eines Ventilators folgt).
     Oft ist eine weitere Zeitdauer angegeben für die Dauer bis zum charakteristischen Ereignis vor Beginn des folgenden Solos (z. B. nach dem Oboen-Solo: 28,5" bis Meer und Möwen).

Die Skizzen zu ORCHESTER-FINALISTEN mit allen Einzelheiten zu den Tempokurven der Soli und zur Komposition der Elektronischen Musik sind in einem Heft Stockhausen-Kurse Kürten 1998, Kompositions-Kurs, im Stockhausen-Verlag erschienen (deutsch und englisch).

♩ = 53,5 = Metronom-Tempo 53.5. Bei den meisten Metronomen wählt man die nächstgelegene Tempozahl (z. B. 54 statt 53.5). Es ist zu hoffen, daß in absehbarer Zeit Metronome mit 12 chromatischen Tempi innerhalb der Zeitoktaven 15 - 30 - 60 - 120 - 240 verfügbar sind, numeriert in jeder Oktave von 1 bis 12.

Temposkala von ORCHESTER-FINALISTEN

23.75 25 26.75 28.25 30 31.75 33.5 35.5 37.5 40 42.5 45  
47.5 50 53.5 56.5 60 63.5 67 71 75 80 85 90  
95 101 107 113.5 120 127 134 142 150 160 170 180 208

rit. = Verlangsamung bis zum halben Tempo.

molto rit. = Verlangsamung bis zum Vierteltempo.

vibr: = vibrato. Oft sind Vibrato-Tempi notiert; entweder genau, wie
             z. B. Oboe Takt 20: vibrato Tempo 160 (17 à 160), oder
             approximativ, wie z. B. Klarinette Takt 3 : schnell - rit. - accel.
            / langsam / schnell.

= Atempause innerhalb der metronomisch gemessenen Dauer.

= Zur gemessenen Zeit hinzugefügte Zäsur (oft mit Sekundenangabe, sonst verschieden lang).

= staccato immer kurz, gleichgültig über welchem Notenwert ein Punkt notiert ist.

= Obwohl alle rhythmischen Werte ohne Staccato-Punkt unverkürzt ausgehalten werden müssen, macht ein Strich über einer Note besonders darauf aufmerksam.

= Die Lautstärken für das Oboen-Solo sind unter den Noten in einem System mit 5 Linien notiert. Crescendi und Decrescen di innerhalb dieses Systems sollen genau gespielt werden.

Flzg. = Flatterzunge.

Bewegungen

In jedem Solo stehen Angaben für Bewegungen, die vom Solisten rituell auszuführen sind (z. B. im Oboen-Solo Takt 12: Oboe ganz hoch | Verbeugung | wieder hoch | sehr tiefe Verbeugung | normale Position).
     Manche Bewegungen beim Spielen sind sehr ungewöhnlich (wie im Posaunen-Solo). Sie verlangen geschickte Interpreten und besonderes Training.

Akkorde

In jedem Solo sind 5 Akkorde zu spielen, für deren Tonhöhen die Instrumente nicht festgelegt sind und deren Instrumentation deshalb frei ist. Im Anschluß an die Partitur der 11 Soli sind jedoch alle Akkorde 1.1-1.2-1.3- 1.4-1.5 bis 11.1-11.2-11.3-11.4-11.5 in einer von mir gewählten Instrumentation wiedergegeben, die auch für die ersten Aufführungen maßgebend war (siehe S. 27–30).

Bei den 5 Akkorden eines Solos wendet sich der Solist zu den anderen und synchronisiert mit markanten Auftakten von der Stelle aus, wo er spielt.
     Wie auf voriger Seite gesagt, entfallen die Akkorde bei Aufführungen einzelner Soli.

Klangregie

Über den Notensystemen stehen fettgedruckte Zeichen für die Balance von Tonbandwiedergabe und Solo, die ein Klangregisseur von der Mitte des Saales aus regelt.

Auf dem Tonband ist für Lautsprecher-Tests bei Absolut-Zeit

      1:50'00"    eine Spuransage für Spuren 1–12 gleichzeitig,
bei 1:52'00"    ein Pegelton -8 dB auf allen Spuren,
bei 1:53'30"    ein Rauschhacken -12 dB,
bei 1:56'00"    eine Spuransage umlaufend 1– 12,
bei 1:59'30"    Rauschhacken umlaufend (8-kanalig),
bei 2:03'00"    Rauschen 12-kanalig.

Besteht kein besonderer Anlaß zur Überprüfung der Pegel-Anpassung von 16-Spur-Wiedergabe und Mischpult, so beginnt man bei 1:56’00” mit der Spuransage umlaufend (Spuren 1 bis 8 für die Elektronische Musik) und wählt ein Lautstärkeniveau für forte, alle Kanäle gleich laut gehört.
     Die Vorverstärkung am Eingang des Mischpultes stellt man so ein, daß sich für den Gruppen(VCA)-Regler der Spuren 1– 8 die Marke Null ergibt. Ist das nicht möglich, so muß man selbst eine Skala am VCA-Regler einzeichnen.
     Die Reglerstellung für forte der Soli wählt man so, daß bei Wiedergabe des Tonbandes und gleichzeitigem Instrumentalspiel alle Details eines Solos klar verständlich sind.

Die Zeichen für die Tonbandregelung bedeuten dann:

-3 = diminuendo bis minus 3 Dezibel,
-5 = weiteres diminuendo bis minus 5 dB,
-2 = crescendo bis minus 2 dB,
+2 = crescendo bis plus 2 dB (also 2 dB über 0 hinaus), und so weiter.

Je nach Akustik und Intensität der Solisten kann es allerdings sein, daß manche Tonband-Regelungen etwas anders sein müssen oder sogar unterbleiben können.
     In einigen Soli muß nicht nur das Tonband geregelt werden, sondern auch das Solo. Diese Regelung ist nur an einigen Stellen notiert. Es soll jedenfalls kein Detail eines Solos verdeckt werden.

Die Zeichen für Regelung eines Solos sind:

= viel mehr als normal verstärken (z. B. + 12 dB),
= mehr als normal verstärken (z. B. + 6 dB),
= wieder normale Verstärkung,
= weniger als normal verstärken.

PUNKTE MOMENTE